Der Blog könnte auch heißen: Wie aus zwei unbescholtenen Bürgern echte Spanner wurden!
Wir haben neue Nachbarn. Das erste, was wir uns nach ihrem Einzug besorgt haben, war ein Fernglas. Danach haben wir Theos Digitalkamera mit XXL Zoom mal wieder aufgeladen und seitdem schießen wir täglich die tollsten Fotos von den neuen Nachbarn — oder wir hängen mit dem Fernglas hinter den Gardinen. Die neuen Nachbarn scheinen noch sehr jung zu sein und wahrscheinlich sind sie auch erst frisch vermählt. Jedenfalls haben sie noch jede Menge Sex und das am liebsten ganz früh morgens. Und allem Anschein nach haben sie auch sehr guten Sex, jedenfalls dem Klappern nach zu urteilen, das dann immer bis zu uns herüberdringt. So wie es aussieht, wollen sie wohl unbedingt Nachwuchs und zwar so bald wie möglich. Noch befinden sie sich in der Einzugsphase und sind jeden Tag mehrere Stunden unterwegs, um Dinge zu besorgen die sie benötigen, um ihr neues Zuhause wohnlich zu machen. Manchmal kommt „er“ dabei mit etwas nach Hause, das „ihr“ wiederum nicht gefällt, dann wirft sie es einfach achtlos hinaus in den Garten. Er steht dann auf seinen langen Beinen, irgendwie ratlos, ebenfalls im Garten, während sie breitbeinig im Haus steht und ganz schnippisch zu ihm hinüberruft, was er mal wieder falsch gemacht hat. Die neue Nachbarin scheint jedenfalls sehr dominant und wählerisch zu sein und das mag ich persönlich ja. Theo dagegen hat ein wenig Mitleid mit ihm. Und zum Essen gehen die neuen Nachbarn prinzipiell immer aus — auch das gefällt mir. Außerdem bringen sie endlich mal Abwechslung in dieses öde Kaff! Es liegt auch auf der Hand, dass die beiden keine gebürtigen Niederrheiner sind, dafür sind sie einfach zu freundlich und aufgeschlossen (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.) Ihrem Verhalten nach zu urteilen müssen sie zudem schon etwas von der Welt gesehen haben und ich verwette meinen Hintern darauf, dass sie gerne lange Flugreisen in fremde Länder unternehmen.
Vom Wohnzimmerfester aus und von Theos Büro oder der Dachterrasse aus, haben wir jedenfalls eine 1A Sicht auf das neue Haus und seit die neuen Nachbarn eingezogen sind, vergeht keine Stunde, wo wir nicht zu ihnen hinüberschielen. Persönliche Angelegenheiten, Dinge die wir dringend erledigen müssten, geraten seither in Verzug, weil wir ständig vom Treiben der neuen Nachbarn abgelenkt sind. Ja selbst nachts stehen wir noch auf, um zu schauen, ob die neuen Nachbarn noch wach sind! Ich will gar nicht daran denken, was das erst gibt, wenn die beiden Kinder bekommen und dann automatisch mindestens ein Elternteil immer zu Hause bleiben muss. Ich glaube, dann kommen wir hier zu gar nichts mehr und dann wird es auch definitiv Zeit für ein zweites Fernglas! Theo hatte schon vorgeschlagen, eine Videokamera auf unserer Dachterrasse zu installieren und die Bilder dann live auf den Fernseher und die PCs zu schalten. Das wäre dann die totale Überwachung! Ob die neuen Nachbarn eigentlich etwas davon mitbekommen, das wir dauernd zu ihnen hinübergaffen?
Doch so lustig und amüsant, wie diese Geschichte anfing, so endet sie leider nicht. Denn die Freude währte nur kurz, nur ganze drei Tage, dann zog Familie Langbein Hals über Kopf wieder aus. Seither vermissen wir sie sehr und es vergeht kein Tag an dem wir nicht immer noch sehnsüchtig zu ihrem leeren Haus hinüberblicken. Aber irgendwie kann ich die Langbeins auch verstehen. Das Wetter hier ist mehr als nur miserabel, es gibt wenig bis gar keine Gleichgesinnten und wahrscheinlich sagte ihnen auch die Auswahl an Restaurants nicht zu. Uns geht es da nämlich ganz ähnlich. Einer von den beiden ist dann ein paar Tage später doch noch mal dagewesen, wahrscheinlich weil man beim überstürzten Auszug etwas vergessen hatte. Ich saß in meinem Büro und hatte plötzlich das dringende Gefühl ins Wohnzimmer gehen und aus dem
Fenster schauen zu müssen. Doch meine Hoffnung die Langbeins könnten sich das mit dem Auszug noch mal überlegt haben, wurde nicht erfüllt.
Wer es immer noch nicht durchschaut hat, die Rede ist hier von einem Weißstorchpaar. Nur wenige Meter von unserem Garten entfernt hat man einen Storchen-Horst aufgestellt und ein Pärchen Störche wohl gleich mit hier ausgesetzt. So schön es auch war oder gewesen wäre, wenn die Störche geblieben wären — aber ehrlich gesagt, hätte man sich keinen bescheuerteren Platz für diesen Storchen Horst aussuchen können! Das Grundstück hier neben an ist von Pestiziden verseucht und die Felder ringsherum sind vollkommen überdüngt. Ich weiß, wie hoch der Nitratgehalt in unserem Leitungswasser* ist und entsprechend hoch dürfte dieser folglich auch im nahegelegenen Hurler Meer, einem kleinen See, sein. Entsprechend schwierig dürfte es für die Störche auch gewesen sein, hier ausreichend Futter zu finden. Zudem hat man den Horst so aufgestellt, dass er ungeschützt auf den fast immer sehr heftig wehenden Westwind und die damit verbundene eisige Luft trifft. Dazu kommt der viele Regen. Ich fragte mich deshalb, nach welchen Kriterien die Organisation die die Ansiedlung der Störche am Niederrhein initiiert die Standorte für die Nistplätze aussucht. Aber das hier ist nun mal der Niederrhein und vieles geht hier nicht mit rechten Dingen zu. *Wie zum Beispiel die Tatsache, dass unser „Trinkwasser“ aus einem Brunnen kommt. Der Nitratgehalt ist jedoch so hoch, neben einigen anderen Werten, die nicht der Norm der deutschen Trinkwasserverordnung entsprechen, dass wir zum Kochen prinzipiell nur gekauftes Wasser verwenden können, denn unser Brunnenwasser macht nachweislich krank, selbst wenn man es abkocht und filtert. Nun ist dieses Haus zum Glück nur gemietet, aber leider haben wir als Mieter kein Recht auf einen Wasseranschluss von der Stadt zu klagen, weil ein kleiner Richter am ansässigen Amtsgericht schützend seine Hände über die Hauseigentümerin hält. Tja, Willkür und Gutdünken gibt es eben überall — nicht nur im Ausland. Ich kann es den Störchen jedenfalls nicht verübeln, dass sie weitergezogen sind. Auch ich möchte hier nicht ewig leben. Irgendwann möchte auch ich wieder dort leben, wo das Wetter besser und die Menschen ehrlicher, rücksichtsvoller, aufgeschlossener und freundlicher sind.
Untenan steht das was ich in meinem Buch „Seelenpfade“ über die Störche geschrieben habe.
- Storch
Hochbeiniger, zumeist weiß-schwarzer Vogel mit langem, geradem Schnabel und langem Hals. Der Gang des Storches wirkt relativ steif. Seine Größe reicht je nach Art von 75 cm bis 150 cm. Störche bevölkern weite Teile Europas, Asiens, Afrikas, Australiens und Südamerikas. In Nordamerika hingegen findet man sie nur im äußersten Süden. Obwohl der Zug der Weißstörche berühmt ist, sind die meisten Störche keine Zugvögel. Störche sind jedoch anfällig für wechselhafte Wetterbedingungen. Kälte oder viel Regen kann ein Storchenpaar sogar dazu veranlassen, die eigene Brut aufzugeben. So wird vermutet, dass wenn ein Storch z.B. auf einem Bein steht, er das andere Bein am Gefieder gewärmt. Auch wenn er seinen Schnabel in das Halsgefieder steckt, wird vermutet, er tut dies um sich warmzuhalten. Die Hauptnahrung von Störchen besteht aus Fischen, Frösche und kleinen Nagetieren. Die meisten Storcharten nisten hoch oben auf Bäumen, aber auch die Dächer von Gebäuden werden gerne als Nistplätze benutzt. Da der Storch zudem ein gerngesehenes Tier ist, findet man mancherorts sogar eigens aufgestellte Nistplätze für Störche. Diese Störche gehören jedoch zu den Arten, die eine lebenslange Paarbindung eingehen und auch gerne immer wieder dasselbe Nest benutzen. Es gibt aber auch Storcharten die in Kolonien nisten und wo sich jedes Jahr neue Paare bilden. Die Eier werden ca. einen Monat lang von beiden Partnern bebrütet. Storchenbabys sind untereinander friedlich, sodass oft die gesamte Brut durchgebracht wird. Die Jungstörche einiger Arten brauchen jedoch bis zu 100 Tage um flügge zu werden. Kaum ein Tier hat so viele Namen, wie der Storch: Adebar, Heilebart, Hoierboer, Klapperstorch, Knickerbein, Langbein oder Stelzenbein. In Europa gibt es zudem die Legende, dass der (Weiß)Storch die Babys bringt. So wird in vielen Gegenden Europas, z.B. in den Niederlanden, nach der Geburt eines Kindes eine hölzerne Storchenfigur im Garten aufgestellt. Es gibt mehrere Vermutungen, wo diese Legende ihren Ursprung hat. Eine Geschichte erzählt, dass der Storch die Kinder aus einem Brunnen holte und dann deren künftige Mutter ins Bein biss. Diese musste sich mit der Wunde ins Bett legen, in das Meister Adebar dann auch die Kinder legte. In der Mythologie gibt es die Vorstellung der Geburt aus dem Bein und die Annahme, dass die Seelen ungeborener Kinder in Brunnen leben. Weniger bekannt hingegen ist die Geschichte, dass Störche sich um alte, alleinstehende Menschen kümmern. Den Römern des Altertums fiel auf, dass Jungstörche ihre alten oder kranken Eltern umsorgen und sogar fütterten. Daraus erfolgte das sogenannte Storchengesetz (Lex Ciconaria) im alten Rom, welches Kinder dazu verpflichtete, sich um die Eltern zu kümmern. Auch heute noch bezeichnet man die Pflege der Eltern durch die Kinder als, nach dem Storchengesetz.
Rote Liste gefährdeter Tierarten: Weißstorch lt. IUCN Gefährdung anzunehmen, lt. Rote Liste Deutschland gefährdet. Bestandsgröße lt. WWF: weltweit etwa 230.000 Brutpaare.
Redewendungen: da brat mir einer einen Storch ugs. Ausruf um ungläubiges Erstaunen auszudrücken. Jemanden bezichtigen, er glaube noch an den Klapperstorch ugs. Unterstellung in Bezug auf eine Person die noch sehr jung, unerfahren und leichtgläubig ist. Der Storch hat sie ins Bein gebissen ugs. für eine Frau die schwanger ist oder gerade ein Kind bekommen hat.
Mystische Bedeutung u.a.: sexuelle Frustration oder Frigidität.
Siehe auch: Vogel.
Endlich nette Nachbarn!
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Post (Blog) Fotos: Störche, Copyright by Kristine Weitzels